Weltsystem-Theorie

Das Zentrum-Peripherie-Modell: Länder im Zentrum des Welthandels (blau), Länder der Peripherie (rot) und Länder der Semi-Peripherie (gelb) nach Christopher Chase-Dunn, Yukio Kawano und Benjamin Brewer, Trade Globalization since 1795

Die Weltsystem-Theorie ist eine Entwicklungstheorie, die die Beziehungen zwischen Gesellschaften und die daraus resultierenden Veränderungen untersucht. Sie steht damit im bewussten Gegensatz zu früheren soziologischen Theorien, die Modelle des sozialen Wandels bieten, die auf die Ebene einzelner Gesellschaften beschränkt sind. Sie wurde ursprünglich von André Gunder Frank, Immanuel Wallerstein, Samir Amin und seinen Kollegen als Antwort auf neue Entwicklungen in der kapitalistischen Weltwirtschaft während der 1970er Jahre entwickelt und basiert auf zwei intellektuellen Quellen, nämlich der neomarxistischen Literatur über Entwicklung sowie der französischen Annales-Schule. Wichtige weitere Vertreter sind Giovanni Arrighi und Beverly Silver.

Wallerstein, der den Begriff Analyse gegenüber der allgemeinen Zuordnung Theorie bevorzugt,[1] beschreibt die Weltsystem-Theorie in seinem Werk World-System Analysis (1987) als „Protest gegen die Art, in der sozialwissenschaftliche Forschung für uns alle in ihren Anfängen Mitte des 19. Jahrhunderts strukturiert ist“. Mit dem Versuch (1974, 1980), die Gesetze der weltweiten kapitalistischen Entwicklung und Unterentwicklung mithilfe der Betrachtung der Geschichte der Neuzeit unter gesellschaftswissenschaftlicher Perspektive zu rekonstruieren, löste Wallerstein auch in Deutschland Ende der 1970er Jahre die Debatte zu den Strukturen der Weltökonomie und ihren sozialen Bewegungen aus. Allgemein erlangte die Weltsystem-Theorie große Aufmerksamkeit.

Wallerstein kritisierte zudem das vorherrschende Konzept der Dependenztheorie und stellt fest, dass die Welt viel zu kompliziert sei, um in einem bimodalen System klassifiziert zu werden, das nur Zentren und Peripherie umfasst. Vor diesem Hintergrund entstand einer der wichtigsten Bestandteile der Weltsystem-Theorie: der Glaube an die Semi-Peripherie, die für ein dreiteiliges Modell sorgt. Parallel zu Wallerstein arbeiten auch André Gunder Frank und Samir Amin an der Thematik der kapitalistischen Akkumulation im Weltmaßstab und trugen zu Anregungen der Dependenztheorie bei.

  1. Wallerstein lehnt die Bezeichnung Weltsystem-Theorie für sein Werk ab und verwendet durchgängig den Begriff Weltsystemanalyse, vgl. Lutz Zündorf: Zur Aktualität von Immanuel Wallerstein. Einleitung in sein Werk, Wiesbaden: VS-Verlag, 2010, S. 9. sowie Immanuel Wallerstein: Wegbeschreibung der Analyse von Weltsystemen, oder: Wie vermeidet man, eine Theorie zu werden? In: Zeitschrift für Weltgeschichte, Bd. 2 (2001), Heft 2, S. 9–31.

© MMXXIII Rich X Search. We shall prevail. All rights reserved. Rich X Search